Kornkasten Mühldorf Geschichte


Kornkasten und Haberkasten, steinerne Zeugen der Salzburger Vergangenheit

Die grundherrschaftliche Verwaltung des auswärtigen Besitzes Mühldorf erfolgte durch das Vizedomamt (Hofmeisteramt) Salzburg. Das Kastenamt Mühldorf war mit seinen Getreidespeichern Haberkasten und Kornkasten eine Art Zwischenlager.Hier mußten die Grunduntertanen an bestimmten Tagen im Jahreine schriftlich fixierte Menge Getreide abliefern: Weizen, Roggen (Korn), Gerste und Hafer. Der Hafer bildete den höchsten Abgabeposten.Er war das am häufigsten angebaute Getreide im Pfleggericht Mühldorf. Am wenigsten wurde Gerste angebaut und abgeliefert. Einer der Hauptabnehmer der Gerste war das landesfürstliche Hofbräuhaus in Kaltenhausen. Weizen und Korn als das "hörder getraid" lagerte man im Kornkasten, das leichtere Getreide wie Gerste und Hafer im Haberkasten.

Einen großen Teil des eingenommenen Getreides transportierte man auf dem Wasserweg nach Salzburg zum Hofkasten weiter, der Rest blieb im Pfleggericht und wurde im Rahmen der Verwaltungstätigkeit verbraucht. Die meisten erzbischöflichen Beamten wurden nämlich nicht nur mit Geld, sondern auch mit Getreide entlohnt. Blieben von dem eingelagerten Getreide Überschüsse zurück, durfte der Pfleger mit Genehmigung der Hofkammer auch an Privatleute verkaufen. Es mußte aber immer eine Reserve vorhanden sein, um die Grunduntertanen gemäß den grundherrlichen Pflichten bei Naturkatastrophen und Hungersnöten mit Getreide unterstützen zu können. Da es keinen landeseinheitlichen Getreidepreis gab, orientierte sich der Markt an den örtlichen Verhältnissen. Die Preise konnten je nach den Ertneerträgen von Jahr zu Jahr variieren. Der Pfleger wurde jedoch von der Hofkammer durch schriftliche Anweisungen angehalten, das Getreide zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen.

Getreide für die Schwazer Bergleute

Die Mühldorfer Getreidehändler lieferten vor allem nach Schwaz in Tirol. Dort betrieben die Fugger intensiven Bergbau. Um 1500 sollen dort nicht weniger als 12000 Knappen und Schmelzer in 20 Schmelzwerken und über 250 Stollen Tag und Nacht gearbeitet haben. Tirol konnte nicht allein die Lebensmittel für diese große Belegschaft erzeugen. Die Wasserburger Mautbücher, die vor allem Einträge über Getreidelieferungen nach Tirol enthalten, belegen, daß im Jahr 1559 von Mühldorf nach Tirol 5702 Mut Getreide verfrachtet wurden, von Wasserburg lediglich 1791 Mut.

Da sich Mühldorf durch den Handel wirtschaftlich stark entwickelte, versuchte das Herzogtum bzw. das Kurfürstentum Bayern, die salzburgische Enklave öfters durch Getreidesperren außenpolitisch und wirtschaftlich zu schwächen. Der Rat der Stadt und die Hofkammer in Salzburg achteten darauf, daß bei den Getreidehändlern genügend Vorrat für Notzeiten in den Magazinen voranden war und nicht zu viel an andere Städte abgegeben wurde.

Durch den Verkauf von überschüssigem Getreide konnte der Pfleger bei guten Ernteerträgen zwar Einnahmen erzielen, für die Bewirtschaftung und Unterhaltung der beiden Getreidekästen fielen aber auch erhebliche Ausgaben an.

Neue Nutzung für Haberkasten und Kornkasten

Nach der Säkularisation 1802 übernahm die fiskalische Verwaltung der beiden Getreidekästen das 1802 neu gebildete Rentamt Mühldorf. Die beiden Kästen dienten weiterhin als Getreidemagazine und waren an Händler aus der näheren Umgebung vermietet. Wegen mangelnder Rentabilität verkaufte der Staat 1851 den Kornkasten der Stadt zum Preis von 3100 Gulden. Im Erdgeschoß lagerte man Baumaterialien ein, während das erste, zweite und ritte Geschoß verpachtet waren. Nach dem Auszug des Bauhofes im Jahr 1978 verfolgte man den Plan, die Stadtbücherei im Kornkasten unterzubringen. Dank der einfühlsamen Umgestaltung des Profanbaues besitzt Mühldorf jetzt eines der schönsten Büchereigebäude im süddeutschen Raum.

Den Haberkasten konnte die Stadt 1859 erst nach langwierigen Verhandlungen für 4050 Gulden erwerben. Ihr Wunsch, den Bau als Dienstgebäude einer staatlichen Behörde anzubieten, ging nicht in Erfüllung. So wurde in den Jahren 1897 und 1898 im Haberkasten ein kommunales Elektrizitätswerk eingerichtet. Seit dem Umzug der Stadtwerke in das neue Verwaltungsgebäude 1983 stand der Haberkasten leer. am 2. März 1996 konnte endlich das neue Kulturzentrum der Stadt eingerichtet werden. Der thematische Reigen der Kulturveranstaltungen spannt sich von Klassik, Kabarett, Theater über Jazz bis Pop. Es ist die besondere Atmosphäre des Haberkastens, die einen Besuch zum Kultgenuß werden läßt.

Quelle: Der Inn, Landschaften und Städte; Verlag Kiebitz Buch, Vilsbiburg, 2001

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Ersteller: Thomas Hofmann; zuletzt bearbeitet: 11.01.2004