Kritik zur Kritik

Die Mumie


13.06.1999

Angestachelt durch die per eMail übermittelte Kritik eines Freundes am Film "Die Mumie" fühlte ich mich herausgefordert, Folgendes zu antworten:

From: tassmann@arctech.com
Date: Thu, 10 Jun 1999 8:39:44 +0100
To: theo@lbn.com
Subject: AW: Filmbesprechung

Hallo Theo,

Kritik der Kritik
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> hier die versprochen Filmbesprechung der anderen Art zu "Die Mumie"
> 
> Tom, ehrlich, wie fandest du den Film ?

ehrlich gesagt nicht schlecht, bis ich Deine Kritik gelesen hatte :-(

> Gestern Abend bin ich ins Kino verschleppt worden, Premiere von "die
> Mumie".
> Gott, es ist lange her, daß ich so einen Schwachsinn gesehen habe. Man
> fühlte
> sich in die 60'er Jahre zurückversetzt, 

wobei es wohl ein paar Jahre früher angesiedelt sein sollte?

> ein Film in bester 
> Roger Corman Tradition, 

sorry, kenn ich nicht

> wirklich heldenhafte Helden, bösartigste Schurken 
> die am Ende
> völlig
> verdient ihr Fett weg bekommen 

Sooo einseitig habe ich es eben nicht gesehen. Das kann man
schon deswegen nicht, weil man dann das Recht auf Liebe der
ganzen Menschheit absprechen müßte, und um etwas anderes ging
es doch _im Anfang_ nicht zwischen den beiden, oder? Also
haben sie sich eigentlich nur verteidigt. Daß sie später
alle ihnen gegebene Macht genutzt haben, um wieder zusammen
zu kommen ist doch nur legal!

> und natürlich gab es auch eine 
> hübsche Frau
> zu
> retten.

Wenn man den Helden bereits aus "George der aus dem Dschungel kam"
kennt, nimmt man die Darstellung der Handlung sowieso nicht
mehr so bierernst.

> Ein Lichtblick war aber doch dabei, nämlich der Bruder der zu
> rettenden
> Frau, ein recht degenerierter und versoffener englischer 
> Gentleman, der mit
> einigen netten Pointen den Film würzen konnte. 

Man unterstellt an dieser Stelle dem Autor der Kritik, daß
er hier mit vermeintlich ausgeprägter England-Kenntnis glänzen
möchte. Ich glaube nicht, daß eine noch so gute Kenntnis
englischer Verhältnisse allein dazu berechtigt, die Sichtweise
auf "englische Gentlemen" zu verallgemeinern. Denn sonst hätte es 
ja auch ein: "recht degenerierter und versoffener deutscher Herr"
sein können. Die Herkunft der Person im Film kann wohl auch
nicht den nötigen Anlaß dazu geben.

> Selbstredend 
> waren in diesem
> Film die special effects sehenswert,

.. wobei man sagen muß, daß die special effects wirklich sehenswert
und das beste am ganzen Film waren, auch wenn sie bei nur 
mittelmäßiger Aufmerksamkeit als _offensichtlich_ an den Haaren 
herbeigezogen und wissenschaftlich nicht im geringsten haltbar waren
sowie sich außerdem noch gegenseitig widersprochen haben. Dazu nur
zwei Beispiele: Wie kann es sein, daß im ganzen Film die
fleischfressenden Käfer sich ihren Weg suchen völlig unabhängig
vom Licht, im Gegenteil, es scheint ihnen geradezu noch den Weg zu 
weisen! In einer der letzten Szenen dagegen wird der ehemalige
Mitstreiter und spätere Gegenspieler im Grab eingeschlossen. Die
Käfer warten quasi bis zum völligen Dunkelwerden und
erlöschen der Fackel des Opfers im Kreis aufgestellt, 
bevor sie die Person angreifen und auffressen. Diese bewußt
unterschiedliche - und also _falsche_ - Darstellung wird
also nur als stilistisches Mittel zur Steigerung der Spannung
benutzt, leider auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Ein anderes Mittel
zur vermeintlichen Aufwertung ist die kleinlich genaue Darstellung
des sich-unter-der-Haut-langfressens der Käfer bei den Opfern.
Ein solches ist auch aus medizinischen Gesichtspunkten lächerlich.
Es kann zum einen nicht funktionieren, weil es nur Zufall sein muß,
daß kein einziges Mal die Haut gerissen ist. Der andere Punkt ist
die schiere Unmöglichkeit der sich durch alles durchfressenden Käfer,
immer _haargenau_ die paar Millimeter unter Haut sich fortzubewegen
eingeschlossen alle Unebenheiten und Körperformen.
Da wäre es eher glaubhaft, sie einmal als Beule knapp unter Haut
zu sehen, und sie dann wieder - wenn vielleicht auch nur
kurzzeitig - tiefer im Opfer verschwinden zu sehen.

> allerdings rangieren 
> special effects
> in
> meiner Filmbewertungsskala nicht unter den top ten.

ob special effects in einer Filmbewertungsskala unter den top ten
rangieren, bzw. dem Film zu höherer Wertung verhelfen, ist bei mir
zumindest auch von den special effects selbst abhängig. Wenn diese
z. B. glaubhaft dargestellt werden, tragen sie wohl zur höheren 
Bewertung bei, wenn sie dagegen sooo unglaubwürdig dargestellt werden
wie im Beispiel, sieht man sich als Betrachter schnell nach anderen
Hilights des Films um, und sei es nur eine - auch noch so schwache -
Homage an die Liebe.

beste Grüße, Tom

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